Reisen und Zocken, Zocken und Reisen –
passt das zusammen? Und wenn ja, wie? Die Blogparade "Koffer packen, fertig, los", die Der Metabolist gestartet hat,
machte mich nachdenklich. Darüber muss geschrieben und gerne auch
diskutiert werden.
Reisen und Zocken ist in Zeiten von
Handhelds wie der PS Vita, von Smartphones und ultraleichten
Notebooks eigentlich kein Thema mehr. Die technischen Möglichkeiten
lassen da kaum Heimweh aufkommen. Stellt sich die Frage der
Sinnhaftigkeit.
Reise zum Kumpel aus dem All – möglich nur am Bildschirm. |
Verrotzt, mit einer Grippe im Gepäck, das
Wartezimmer des Medizinmann seines Vertrauens auszuhalten,
möglicherweise stundenlang – das nagt am Durchhaltevermögen. Die
Lösung kann ein Griff in die Buxentasche bringen. Kein Plan wie es
euch geht, aber für mich fühlt sich das wie Heimat und die große
weite Welt gleichzeitig an, wenn meine Finger die gepresste Melange
aus Plastik und Microchips ertastet haben. Also raus mit dem Handy
und ein Spielchen riskiert. Dafür sind die allemal gut.
Wenn aber tatsächlich Koffer gepackt
werden, dann ist Differenzieren erste Zockerpflicht.
- Szenario 1: Die Geschäftsreise. Ist man alleine unterwegs, gezwungener Maßen quasi noch dazu, dann können die elektronischen Gadgets für Kurzweil und Ablenkung sorgen – vom x-ten Industriegebiet etwa, an dem der ICE gerade vorbeirauscht. Kein schlechtes Gewissen; nichts, was man verpasst; keine anklagenden oder strafenden Blicke.
- Szenario 2: Der Urlaub. Diese Blicke … da sind sie. Die für mich viel zu gute Frau schaut, starrt beinahe. Die Brauen berühren sich fast zwischen den Augen, soviel Entrüstung und Wut versucht sie in den Blick hineinzulegen. Die Konsole, die mich in den Süden begleiten soll, wurde also bemerkt. Bei mir: Kaum eine Reaktion. Ich ziehe die Arme vor den Körper. Den Hauch von Angst bemühe ich mich zu überspielen. Offensichtlich ist er aber nicht schwer auszumachen – auch für sie nicht. Allerdings registriert meine bessere Hälfte ebenfalls: Das Drohpotential war nicht groß genug. Sie würde mir die XBox aus den kalten Fingern schneiden müssen. Das Weib entscheidet sich, vor der Ultima Ratio den Hundeblick zu testen. Er transportiert Wärme, Liebe, signalisiert Verletzlichkeit. Mist, sie hat mich!
Der Verstand lässt ja auch keinen
Verhandlungsspielraum: Urlaub soll sich vom Alltag unterscheiden –
am Strand liegen, Sightseeing, etwas unternehmen statt Arbeiten und
vor Glotze oder PC hängen. Da muss der Hardcore-Gamer durch.
Startklar, aber keine Freude für die Freundin. |
Bleibt die Frage, wer Reisen und Zocken
will, wenn er auch Zocken und Reisen kann. Das knallt doch viel
heftiger! Schön mal auf ne Südseeinsel mit irren Killern in Far Cry
3, verschneite Berge und Höhlen voll durchgeknallter Goblins und
Drachen in The Elder Scrolls: Skyrim oder auf den schönsten
Rennstrecken der Welt schwarze Streifen auf den Asphalt malen in
Forza 4 … das liegt alles so nah, warum dann noch in die Ferne
schweifen?
Denkbar ist alles, für jeden
Urlaubstyp findet sich das richtige Game. Winter, Sommer, Nah, Fern,
gemütlich oder stressig, alles gar kein Thema. Tätigkeiten, denen
Otto Normalverbraucher im Zockerurlaub am Screen frönen kann, die
sind bei einem Real-Life-Urlaub nur mit Aufwand umzusetzen. Beispiel:
Der Weg zum Städteplaner ist hart und steinig. Man denke nur an das
Studium, die nötige Berufserfahrung und nicht zuletzt Faktoren, die
niemand selbst beeinflussen kann (wie Talent). Bis sich da ans
Reißbrett gesetzt werden darf, vergehen Jahre … wahrscheinlich
gelingt es niemals. Digital ist das easy. 1000 Euro in einen
Gaming-PC investiert, nen Fuffi für Sim City und ab geht die wilde
Fahrt. Beißen muss auch jener, der mal Knöpfchen in einem
Spaceshuttle drücken möchte. Einzelheiten zur Ausbildung erspare
ich mir und euch an dieser Stelle. Lohnt eh nicht, denn im Vergleich
zu Games, die 2013 schon als Klassiker gelten – Wing Commander etwa
– ist die auf der Erde derzeit verfügbare Technik ein
hinterweltlerischer Witz.
Jetzt wäre es wohl an der Zeit, ein
Fazit zu ziehen. Das fällt aber schwer, schließlich bin ich
eindeutig vorbelastet, gerade was die digitale Gesinnung angeht. Aber
die Frau … die Frau. Ihr zuliebe lasse ich Bits und Bytes zurück,
beiße in den Sauren Apfel und zwänge mir Cocktails unter Palmen
rein. Triste Grüße von Bali.
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