Google+ Gameschleuder: Grotesk: Urlaub für Zocker

Sonntag, 10. März 2013

Grotesk: Urlaub für Zocker

Reisen und Zocken, Zocken und Reisen – passt das zusammen? Und wenn ja, wie? Die Blogparade "Koffer packen, fertig, los", die Der Metabolist gestartet hat, machte mich nachdenklich. Darüber muss geschrieben und gerne auch diskutiert werden.
Reisen und Zocken ist in Zeiten von Handhelds wie der PS Vita, von Smartphones und ultraleichten Notebooks eigentlich kein Thema mehr. Die technischen Möglichkeiten lassen da kaum Heimweh aufkommen. Stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit.

Reise zum Kumpel aus dem All – möglich nur am Bildschirm.
Verrotzt, mit einer Grippe im Gepäck, das Wartezimmer des Medizinmann seines Vertrauens auszuhalten, möglicherweise stundenlang – das nagt am Durchhaltevermögen. Die Lösung kann ein Griff in die Buxentasche bringen. Kein Plan wie es euch geht, aber für mich fühlt sich das wie Heimat und die große weite Welt gleichzeitig an, wenn meine Finger die gepresste Melange aus Plastik und Microchips ertastet haben. Also raus mit dem Handy und ein Spielchen riskiert. Dafür sind die allemal gut.
Wenn aber tatsächlich Koffer gepackt werden, dann ist Differenzieren erste Zockerpflicht.
  • Szenario 1: Die Geschäftsreise. Ist man alleine unterwegs, gezwungener Maßen quasi noch dazu, dann können die elektronischen Gadgets für Kurzweil und Ablenkung sorgen – vom x-ten Industriegebiet etwa, an dem der ICE gerade vorbeirauscht. Kein schlechtes Gewissen; nichts, was man verpasst; keine anklagenden oder strafenden Blicke.
  • Szenario 2: Der Urlaub. Diese Blicke … da sind sie. Die für mich viel zu gute Frau schaut, starrt beinahe. Die Brauen berühren sich fast zwischen den Augen, soviel Entrüstung und Wut versucht sie in den Blick hineinzulegen. Die Konsole, die mich in den Süden begleiten soll, wurde also bemerkt. Bei mir: Kaum eine Reaktion. Ich ziehe die Arme vor den Körper. Den Hauch von Angst bemühe ich mich zu überspielen. Offensichtlich ist er aber nicht schwer auszumachen – auch für sie nicht. Allerdings registriert meine bessere Hälfte ebenfalls: Das Drohpotential war nicht groß genug. Sie würde mir die XBox aus den kalten Fingern schneiden müssen. Das Weib entscheidet sich, vor der Ultima Ratio den Hundeblick zu testen. Er transportiert Wärme, Liebe, signalisiert Verletzlichkeit. Mist, sie hat mich!

Der Verstand lässt ja auch keinen Verhandlungsspielraum: Urlaub soll sich vom Alltag unterscheiden – am Strand liegen, Sightseeing, etwas unternehmen statt Arbeiten und vor Glotze oder PC hängen. Da muss der Hardcore-Gamer durch.
Startklar, aber keine Freude für die Freundin.
Bleibt die Frage, wer Reisen und Zocken will, wenn er auch Zocken und Reisen kann. Das knallt doch viel heftiger! Schön mal auf ne Südseeinsel mit irren Killern in Far Cry 3, verschneite Berge und Höhlen voll durchgeknallter Goblins und Drachen in The Elder Scrolls: Skyrim oder auf den schönsten Rennstrecken der Welt schwarze Streifen auf den Asphalt malen in Forza 4 … das liegt alles so nah, warum dann noch in die Ferne schweifen?
Denkbar ist alles, für jeden Urlaubstyp findet sich das richtige Game. Winter, Sommer, Nah, Fern, gemütlich oder stressig, alles gar kein Thema. Tätigkeiten, denen Otto Normalverbraucher im Zockerurlaub am Screen frönen kann, die sind bei einem Real-Life-Urlaub nur mit Aufwand umzusetzen. Beispiel: Der Weg zum Städteplaner ist hart und steinig. Man denke nur an das Studium, die nötige Berufserfahrung und nicht zuletzt Faktoren, die niemand selbst beeinflussen kann (wie Talent). Bis sich da ans Reißbrett gesetzt werden darf, vergehen Jahre … wahrscheinlich gelingt es niemals. Digital ist das easy. 1000 Euro in einen Gaming-PC investiert, nen Fuffi für Sim City und ab geht die wilde Fahrt. Beißen muss auch jener, der mal Knöpfchen in einem Spaceshuttle drücken möchte. Einzelheiten zur Ausbildung erspare ich mir und euch an dieser Stelle. Lohnt eh nicht, denn im Vergleich zu Games, die 2013 schon als Klassiker gelten – Wing Commander etwa – ist die auf der Erde derzeit verfügbare Technik ein hinterweltlerischer Witz.
Jetzt wäre es wohl an der Zeit, ein Fazit zu ziehen. Das fällt aber schwer, schließlich bin ich eindeutig vorbelastet, gerade was die digitale Gesinnung angeht. Aber die Frau … die Frau. Ihr zuliebe lasse ich Bits und Bytes zurück, beiße in den Sauren Apfel und zwänge mir Cocktails unter Palmen rein. Triste Grüße von Bali.

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